In einem von der Fachanwältin für Bank- und Kapitalanlagenrecht Dr. Iris Ober geführten Rechtsstreit ist die britische Lebensversicherungsgesellschaft Clerical Medical Investment Group Ltd. (CMI) mit Urteil des Landgerichts Braunschweig vom Urteil vom 15.2.12, Az. 5 O 3093/10 zur Leistung von Schadensersatz an ein in Braunschweig lebendes Ehepaar verurteilt worden. Den Eheleuten war im Jahre 2003 von einem Finanzmakler eine Lebensversicherung bei der CMI über eine Versicherungssumme von 100.000,- € vermittelt worden.

Der Abschluss der Lebensversicherung war Bestandteil eines Anlagekonzepts mit der Bezeichnung „EuroPlan“, das von der Röbke und Partner Finanzmakler GmbH entwickelt worden ist. Das Konzept sah u.a. vor, dass der auf die Versicherung zu zahlende Einmal-Betrag durch ein Darlehen finanziert werden sollte. Vorliegend wurde den Eheleuten über den Vermittler ein
Darlehen über 100.000,- € bei der Landesbank Baden-Württemberg angeboten, das für 15 Jahre tilgungsfrei gestellt wurde, so dass nur die Zinsen zu zahlen waren, die wiederum aus den von der CMI versprochenen regelmäßigen Auszahlungen aus der Versicherung beglichen werden sollten. Die Versicherungsgesellschaft verpflichtete sich dazu, die
Versicherungssumme in Investmentpapieren anzulegen und garantierte einen jährlichen Wertzuwachs dieser Investments und lebenslange Rentenzahlungen. Des weiteren mussten die Anleger nach dem Konzept Investmentfondsanteile erwerben, die später zur Tilgung des endfälligen Darlehens dienen sollten.

Die britische Versicherungsgesellschaft CMI hatte bereits im Jahre 2002 festgestellt, dass die Marktverhältnisse für Kapitalanlagen sich derart verschlechtert hatten, dass die dem Konzept „EuroPlan“ zugrunde gelegten Erwartungen zur Wertentwicklung bei der Lebensversicherung und zur Wertentwicklung bei den Investmentfonds unwahrscheinlich wurden.

Die Versicherung hatte dementsprechend ein Schreiben vom 5.7.02 an die das Anlagekonzept vertreibenden
Gesellschaften gerichtet und auf die Bedenken an der Funktionsweise des Plans hingewiesen. Das Landgericht Braunschweig sah eine Pflichtverletzung der Versicherungsgesellschaft darin, dass diese trotz der bei ihr vorhandenen Kenntnis von dem zu erwartenden Nichteintreten der dem Konzept „EuroPlan“ zugrunde liegenden Prognosen und der damit begründeten Gefahr der finanziellen Schädigung der Anleger gleichwohl bei Neukunden nicht überprüfte, ob die
Vermittler die Warnungen der Versicherungsgesellschaft aus dem Schreiben vom 5.7.02 an die Kunden weitergegeben hatten und auch selbst die Neukunden nicht darauf hinwies, dass das von ihnen angestrebte Vermögensanlageprodukt „EuroPlan“ mit erheblichen Spekulationsrisiken behaftet war.

Das Landgericht Braunschweig stellt fest, dass es sich bei der Anlage um ein „hoch riskantes Zinsdifferenzgeschäft“ handelte. Es sieht Hinweis- und Beratungspflichten der Versicherungsgesellschaft insbesondere auch dadurch begründet, dass die Versicherungsnehmer auf der Grundlage eines Kredits spekulieren, wobei die Spekulation wegen der Fremdfinanzierung besonders riskant ist. Das Landgericht Braunschweig macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der Abschluss einer Lebensversicherung in Deutschland in aller Regel als sehr sicheres und spekulationsfremdes Geschäft gilt, so dass die beklagte CMI, die die Risiken des Konzepts „EuroPlan“ kannte und gleichwohl Neukunden keinerlei Warnung zukommen ließ, sich mehr oder weniger blind oder taub gestellt hat.

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