In einem von der Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Ober geführten Verfahren gegen die Commerzbank AG hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass die Commerzbank einer Kundin einen Betrag von 9.500,- € zu ersetzen hat, der unter missbräuchlicher Verwendung der ec-Karte vom Konto der Kundin abgebucht worden war.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sieht es in seinem Urteil vom 6.7.12 als erwiesen an, dass die Bankkundin ihre Pflichten aus dem Kartenvertrag hinsichtlich der Benutzung und Verwahrung der ec-Karte nicht grobfahrlässig verletzt hat. Zwar bejaht das Gericht die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises, wonach bei Abhandenkommen und Nutzung einer ec-Karte innerhalb kurzer Zeit die Vermutung dafür besteht, dass der Karteninhaber mit der Geheimnummer unsorgfältig umgegangen ist. Diesen Anscheinsbeweis kann ein Karteninhaber grundsätzlich nur unter großen Schwierigkeiten entkräften. Er muss glaubhaft darlegen, dass ein atypischer Geschehensablauf vorliegt, in dem ihn nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit trifft. Das Oberlandesgericht Düsseldorf weist in seinem Urteil darauf hin, dass angesichts der zahlreichen Missbrauchsfälle und Betrugsmethoden verschiedene Geschehensabläufe denkbar seien, wie ein Täter ec-Karte und Geheimnummer vom Karteninhaber erlangen könne, ohne dass eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers vorliegt.

Die Besonderheit im vorliegenden Fall war, dass der Bankkundin bei einer von ihr zuletzt vorgenommenen Geldabhebung an einem Geldautomaten der Commerzbank AG nur die Karte abhanden gekommen war und nicht auch das Portemonnaie oder die Handtasche. Es bestand somit allein die Möglichkeit, dass die Kundin die Geheimnummer auf der ec-Karte notiert hatte. Dies wurde von der Kundin unter Verweis auf die einfach zu merkende Zahlenreihenfolge der PIN 1141 jedoch stets verneint. Eine Akteneinsicht in die Akten des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ergab, dass die ec-Karte zur polizeilichen Ermittlungsakte gelangt war und dass auf dieser – wie von der Bankkundin stets beteuert – die Geheimzahl nicht notiert war.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf geht davon aus, dass es der Bankkundin gelungen ist, den Anschein eines grob fahrlässigen Umgangs mit der PIN zu erschüttern. Es stützt sich dabei auf die von der Bankkundin geschilderten Schwierigkeiten bei der letztmaligen Benutzung der ec-Karte am Geldautomaten der Commerzbank AG in Mülheim-Speldorf und ebenso auf die ungewöhnliche Häufigkeit und teilweise halbminutige Zeitfolge der einzelnen Abhebungen. Eine grobe Fahrlässigkeit der Kundin hat das Gericht auch unter Hinweis darauf verneint, dass die Kundin die PIN in einem Safe aufbewahrte und damit vor unberechtigtem Zugriff Dritter schützte. Im Gegensatz zur erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Duisburg wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf auch keine grobe Fahrlässigkeit darin gesehen, dass der Bankkundin die Nichtausgabe der EC-Karte aus dem Geldautomaten im Zusammenhang mit der Geldabholung nicht aufgefallen war. Das Oberlandesgericht weist schließlich darauf hin, dass die Bankkundin nicht selbst beweisen müsse, nicht grobfahrlässig gehandelt zu haben, sondern sie hat nur Umstände aufzuzeigen und zu beweisen, dass eine ernst zu nehmende Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs besteht.

Ein weiterer Vorwurf, der der Commerzbank AG zu machen ist, betrifft den zur Karte bestandenen Verfügungsrahmen von bis zu 5.000,00 € täglich und wöchentlich. Nur dadurch war es dem Täter möglich, Abhebungen in der Größenordnung von 9.500,00 € vorzunehmen. Die Bankkundin, die zum Zeitpunkt des Vorfalls erst kurze Zeit Kundin der Commerzbank AG war, hatte noch zuvor schriftlich darauf hingewiesen, dass sie angesichts der im Wesentlichen nur bezogenen Rentenzahlungen einen solchen Verfügungsrahmen nicht benötige.

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