Das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 26.3.2020 (Aktenzeichen C-66/19) verliert durch zwei aktuell veröffentlichte Entscheidungen des Bundesgerichtshofs für zahlreiche Fälle seine Bedeutung.

Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass für Immobilienkredite generell diese Entscheidung nicht maßgeblich sei, da die Verbraucherkreditlinie für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite keine Anwendung finde (BGH, Beschluss vom 31.03.2020 Az. XI ZR 581/18).

In einem weiteren Beschluss vom 31.3.2020 führt der Bundesgerichtshof aus, dass die sog. Gesetzlichkeitsfiktion dazu führt, dass in einer Vielzahl von Fällen ebenfalls, trotz fehlerhafter Belehrung, die Widerrufsmöglichkeit entfalle (BGH, Beschluss vom 31.03.2020, Az. XI ZR 198/19). Das heißt, dass Kreditgeber sich auf einen sog. Musterschutz berufen können und ein Widerruf des Vertrages somit nicht mehr möglich ist, wenn das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Deutschland geltende gesetzliche Muster zu 100 % übernommen wurde. Dann – so der Bundesgerichtshof – sei es unschädlich, wenn die vom Kreditgeber dem Verbraucher erteilte Widerrufsinformation die sog. Kaskadenverweisung beinhalte. Der Bundesgerichtshof stellt weiter fest, dass eine richtlinienkonforme Auslegung dieser im deutschen Recht geregelten Gesetzlichkeitsfiktion nicht in Betracht komme. Dies bedeutet, dass trotz fehlerhafter Belehrung ein Widerruf nicht in Betracht kommt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein Recht zum Widerruf von Altverträgen nur noch in den Fällen, in denen die Widerrufsinformation im Kreditvertag nicht dem gesetzlichen Muster entspricht, welches zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt und es sich nicht um Immobilienkreditverträge handelt. In diesen Fällen kann der Verbraucher erreichen, aus teuren Verträgen auszusteigen ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Bei PKW-Finanzierungen kann über den Widerruf des Kreditvertrages sogar die Rückgabe des PKWs erreicht werden.

Es bleibt abzuwarten, ob möglicherweise auch diese Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor dem Europäischen Gerichtshof angegriffen werden und Bestand haben werden. In der Diskussion steht auch die Frage einer Staatshaftung.

Zu Fragen im Einzelfall empfehlen wir eine ausführliche Information und Beratung durch unsere Fachanwältinnen für Bank- und Kapitalmarktrecht.

 

© Copyright Kraft, Geil und Kollegen 2020 | Impressum | Datenschutzerklärung